Geographie - Geologie:

(Entnommen dem Werk von Pierre DELFORGE - Die Orchideen der Insel Paros und Antiparos (Kykladen, Griechenland) Untersuchungen, Kartographie und Beschreibung der Ophrys parosica, eine neue Art der Ophrys fusca Untergruppe)
Übersetzung aus dem Französischen: Angelika Eder


Einführung

Der Archipel der Kykladen, der im Zentrum des Ägäischen Meeres (Karte 1) liegt, besteht aus mehreren Dutzend Inseln, die auf einem unter dem Meeresspiegel liegendem Plateau verstreut sind. Dieses Plateau erstreckt sich über 24.000 km² in einer Tiefe von 200 - 500 m. Geologisch gesehen ist der Süden von Attika und 1/3 der Südseite von Euböa ein Teil davon. Von dieser Plattform erheben sich 8 Inseln, deren Fläche mehr als 100 km² beträgt (in der Reihenfolge von der Größten zur Kleinsten: Naxos 442 km², Andros 384 km², Paros und Tinos 195 km², Milos 161 km², Amorgos 123 km², Ios und Kea 103 km²) (1), elf Inseln mit einer Fläche von einschließlich 100 - 30 km², sowie 31 Inseln von 29 - 5 km² und unzählige kleinere Inselchen. Die Gesamt-Landfläche des Archipels, daß sich aus dem Wasser erhebt beträgt ungefähr 2700 km², dies entspricht 11% der unterseeischen Plateaufläche.

Die größten Inseln haben auch die höchsten Erhebungen; Naxos und Andros erreichen eine Höhe von 1000 m, die Inseln von mittlerer Größe, Paros, Tinos, Milos, Amorgos und Ios sind höher als 700 m, die Inseln von ungefähr 30 km² Größe erreichen eine Höhe um die 300 m, mit Ausnahme der vulkanischen Inseln wie Thíra (Santorini), die verhältnismäßig höher sein können.

Der Archipel der Kykladen mißt 220 km in der Längsrichtung, d.h. von Andros nach Astipalea (2), und 150 km in der Breite, sprich von Antimilos (kleine Insel im Nord-Westen von Milos) nach Donoussa (kleine Insel im Osten von Naxos). Andros im Norden der Kykladen ist heutzutage von Euböa nur durch einen 10 km breiten Kanal getrennt; eine Meerenge von 15 km trennt Attika vom Insel-Archipel auf der Höhe von Kea. Naxos im Osten, ist ca. 50 km von Ikaria entfernt, während Kreta im Süden von Santorini, 100 km entfernt liegt. Das war allerdings nicht immer so.

Tatsächlich vereinte eine ägäische Landmasse, die sich vor ungefähr 25 Millionen Jahren, am Anfang des Miozän, um das alte kristalline Massiv der heutigen Kykladen gebildet hatte, noch die Balkanhalbinsel mit West-Anatolien. Tektonische Bewegungen und Einbrüche ließen diesen Ägäischen Kontinent allmählich in Inselgruppen aufbrechen, welche sich in einen südlichen Bogen mit Kythira, Antikithira, Kreta in der Mitte sowie Karpathos und Rhodos und einen nördlichen Teil, den Kykladen, aufteilten .

In der Mitte des Miozän, vor ca. 10 Millionen Jahren, wurde die Senke zwischen den Inselkomplexen vom Meer überflutet. Die Kykladen waren damals im Norden und Nord-Osten mit Anatolien verbunden. Am Ende des Miozäns, während des ganzen messinischen Zeitalters, vor 1,5 Millonen Jahren, trocknete das gesamte Mittelmeer mehrmals komplett aus, wobei die Inseln von weiten abiotischen (leblosen) Salzflächen (Sebkhas) voneinander getrennt waren.


(1) Es gibt gravierende Unterschiede in den Zahlenangaben der Fachliteratur, sowie der griechischen Landkarten, die der Allgemeinheit zugänglich sind; die hier angeführten Flächenangaben stammen aus der Publikation von PHILIPPSON (1959).
(2) Aus historischen Gründen wird Astipalea, als Folge der ottomanischen sowie der italienischen Besetzung, administrativ dem Dodekanes zugeordnet - geologisch gesehen ist diese Insel Teil der Kykladen. Es muß außerdem vermerkt werden, daß die heutige Provinz der Kykladen (Nomos Kykladhes) nicht mit den antiken Kykladen übereinstimmt. Kykladen nannten die alten Griechen die Inselgruppe, die aus Andros, Tinos, Mykonos, Delos, Naxos, Paros, Antiparos, Sifnos, Serifos, Kythnos und Kea besteht. Diese Inseln formen einen Kreis, dessen geometrisches Zentrum Syros ist.

Karte 1. Zentrales Ägäisbecken

Kykladen: Gruppe 1 (Die nördlichen Kykladen in Verlängerung der Insel Euböa): A. Andros; T. Tinos; M. Mykonos. Gruppe 2 (Nord-West Gruppe, in Verlängerung von Attika): K. Kea; Ki. Kithnos; Se. Serifos. Gruppe 3 (Zentralkykladen): Ap. Antiparos; P. Paros; N. Naxos; sN. Inselgruppe südlich von Naxos. Gruppe 4 (südliche Kykladen): Io. Ios; Si. Sikinos; F. Folegandros; Th. Santorini (Thíra); An. Anafi. Andere Kykladen: Sy. Syros; Sp. Sifnos; Mi. Milos; D. Donoussa; Am. Amorgos; As. Astipalea. Andere Inseln: Cy. Kithira; Cr. Kreta; Ka. Karpathos; R. Rhodos; Ko. Kos; Ik. Ikaria; Sa. Samos; Ch. Chios; Ls, Lesbos; E. Euböa; Hy. Hydra.

 

Der Anfang des Pliozäns ist, in Folge der Öffnung der Meerenge von Gibraltar, von einer heftigen Rückkehr des Wassers gekennzeichnet. Kurze Zeit darauf, werden die Kykladen vom Festland isoliert - etwas später als Kreta, wohl aber vor Rhodos (1 Mill. J.) oder der anderen Inseln nahe von Anatolien. Während des Quartiärs (ungefähr 1 Mill. J.) bewirken sukzessive Kälteeinbrüche einen entscheidenden Rückzug des Meeres. Die stärksten Eiszeiten des Riss und Würm senken das Niveau des Mittelmmeres um mehr als 100m, vielleicht sogar um 200m, bis noch vor nicht all zu langer Zeit, ab. Aus diesem Grund blieben Inseln wie Samos oder Chios noch bis vor ca. 20.000 Jahren mit dem anatolischen Kontinentalplateau verbunden, während die Kykladen, deren Kern manchmal nur aus einer großen Insel bestand, von dieser Zeit an für immer isoliert wurden (Karte 2), was nicht ohne Folgen für die Fauna und Flora dieser Region ist.

Karte 2. Aufgezeichnet ist die Küstenlinie der 200m Isobathe im Ägäisbecken, die einer heutigen Absenkung des Meeresspiegels um 200 m entsprechen würde; Paros ist durch einen Pfeil gekennzeichnet; das heute über dem Meeresspiegel liegende Land ist schwarz gezeichnet. Die Isolation der Kykladen in der Mitte ist offensichtlich. Ein Absenken des Meeresspiegels um nur 100 m ergibt ein ähnliches Bild.

 

Die Gruppe der Zentralkykladen

Die Zentralkykladen enthalten die größte Insel des Archipels, Naxos (442 km²). Paros (195 km²) das an ihrer Westseite liegt, und ein Ensemble von kleineren Inseln: Iraklia, Shinoussa, Kato Koufonissi, Koufonissi, Keros, von denen aber keine größer als 20 km² ist; schließlich umfassen die Zentralkykladen noch 3 Inseln ganz in der Nähe von Paros, die an einer Nord-Ost / Süd-West Achse ausgerichtet sind: Antiparos (38 km²), Despotiko (10 km²) und Strongilo (2,5 km²) (Karte 3). Alleine Naxos, Paros und Antiparos mit einer Gesamtfläche von zusammen ca. 680 km² stellen ¼ der Gesamtfläche der Kyklden dar.

Während die nördliche Gruppe mit Andros, Tinos und Mykonos im wesentlichen aus Schiefergestein besteht, zeichnen sich Naxos und Paros durch Vorhandensein eines reichhaltigen Gneiss- und Marmor-Unterbaus, mit Einschlüssen verschiedener Mineralien, aus. Von hier stammt der berühmte weiße Marmor, der von den Bildhauern seit der Antike her begehrt ist.


Karte 3. Die Inseln Paros, Antiparos, Despotiko und Strongilo im Relief mit den wichtigsten Orten (UTM Raster 10 km x 10 km; Zone 35S)

Paros

Von Naxos durch eine Meerenge von 5 km getrennt, ist Paros 22 km lang und 15 km breit; ihr Gipfel, der Profitis Ilias, erreicht eine Höhe von 750 m; er erhebt sich ungefähr in der Mitte der Insel. Auf der Karte zeichnet sich Paros durch eine vage ovale Form mit Nord-Ost / Süd-West Achse aus, deren nördliche Spitze von einer tiefen Bucht stark eingeschnitten ist, der Bucht von Naoussa, die als bester Ankerplatz der Kykladen gilt (Karte 3). Sie wird von zwei Halbinseln mit schroffen Felsen eingerahmt, die sie schützen. Eine zweite Bucht öffnet sich an der Westflanke und birgt den Hafen von Paroikia. Ziemlich weitläufige Küstenebenen erstrecken sich zwischen Paroikia und Naoussa, gegenüber von Antiparos und an der Ostküste gegenüber von Naxos. Das Vorkommen von so großen, zum Meer hin offenen, Ebenen ist eine Besonderheit, die Paros innerhalb der Kykladen nur mit Naxos teilt.

Paros setzt sich zusammen aus einem weitläufigen Unterbau von Gneis-Granit Schichten, und aus Ortho-Gneis von unterschiedlicher Zusammensetzung und Farbe, welche zwei unterschiedliche Richtungen aufweisen: Ost-West die Gneise von Paroikia; Nord-Süd die von Lefkes (Karte 4). Dieser Unterbau, der dem metamorphen Gesteinsgürtel Attika-Kykladen angehört, findet sich nicht in den nördlichen Kykladen wieder.

Karte 4. Vereinfachte tektonische Karte von Paros. 1. Gneis von Paroikia. 2. Gneis von Lefkes. 3. Platte von Marathi. 4. Platte von Dryos. 5. Platte von Marmara. Die Strukturen 1+2 sind die Bestandteile des Unterbaus, welcher dem metamorphen Gesteinsgürtel Attika-Kykladen angehört.
(nach Papanikolaou 1980, vereinfacht)

Auf diesem Unterbau liegen in der Folge drei Hauptstrukturen auf:

1 - Die Platte von Marathi, die sich aus metamorphem Primär- und Sekundärgestein, Marmorgesteinen, Amphoboliten und Micaschist zusammensetzt; dies ist die am weitesten verbreitete Struktur auf der Oberfläche der Insel, hauptsächlich in Form von Marmorbänken mit grober Körnung. Sie findet sich in Naxos wieder und wahrscheinlich noch weiter im Süden auf der Insel Sikinos.

2 - Die Zwischenplatte von Dryos, an der Oberfläche wenig ausgeprägt, gebildet aus Gesteinen mit schwachem Metamorphismus, zum Teil aus dem Perm: Marmorgestein, Phyllite, Serpentin und Metadiabasen. Sie setzt sich nach Antiparos hin fort und scheint kein Äquivalent anderswo auf den Kykladen zu haben, höchstens vielleicht auf Amorgos.

3 - Die höhergelegene Platte von Marmara ist aus nicht metamorphen Gesteinen zusammengesetzt, vor allem aus Ophioliten, weniger häufig Molassesandsteine, Konglomeraten und vor allem kreidehaltigen Kalkgesteinen. Sie gehört zu der ausgedehnten Gesteinsdecke, die ebenfalls in Mykonos zum Vorschein kommt, und dann, weiter im Osten, außerhalb der Kykladen auf Ikaria, Samos und in Anatolien (PAPANIKOLAOU 1980).

Geologische Gesteinsformationen aus dem Quartiär oder Urgestein, wie z.B. Travertine meerischen Ursprungs, sind nicht auf der Insel vertreten; die Ersteren sind im allgemeinen bereits stärkstens erodiert. Mit Ausnahme des Unterbaus, unterlagen alle strukturellen Schichten Zeiten der kompliziertesten Deformation und Verschiebung - wobei die Eine oder Andere auf dem Gelände gar nicht mehr sichtbar sind. Durch Verwerfungen haben oft ältere Gesteine jüngere Schichten überdeckt. Durch die geologischen Umschichtungen alpinen Typs, finden sich wahrscheinlich auch Fremdmineralien wie Amphibolite, Hornblende, Magnetite und Metabauxite in den Marmorschichten wieder. Es muß auch vermerkt werden, daß dort, wo Marmor mit darunter liegendem Schiefer oder Gneis zusammentrifft, viele Quellen hervorteten.

Menschliche Aktivitäten haben von alters her ohne Zweifel eine wichtige Rolle für die Umgestaltung und Veränderung der Landschaft und der Vegetation auf Paros gespielt. Zur Zeit zählt die Insel an die 10.000 Einwohner im Winter, hauptsächlich in 3 Ortschaften: den Häfen von Paroikia und Naoussa und dem großen Dorf Lefkes, an der Nordflanke des Profitis Ilias. In den Sommermonaten verzehnfacht sich die Einwohnerzahl der Insel durch die Ankunft der Touristen. Da Paros von alters her bewohnt war, wurde ein dichtes, oft kompliziertes Netz von Straßen und Pfaden angelegt, welches praktisch den Zugang zu jedem Teil der Insel erlaubt. Nur eingeschnittene Abhänge und die Kämme mancher Hügel sind nach einem Fußmarsch querfeldein erreichbar.

Der Abbau von Kalkgestein und Marmor, von alters her, steht noch in voller Blüte; große Steinbrüche verunzieren die Hügel, vor allem in der Nähe von Marathi. Sie beliefern ein Zementwerk und produzieren Kies und Sand, welche vom Hafen Paroikia aus exportiert werden. Der Abbau von Mineralien wie Zinkblende und Metabauxit, der heute eingestellt ist, hat tiefe Wunden hinterlassen. Leider sind diese Stätten manchmal mit Haushaltsmüll aus den umliegenden Dörfern angefüllt.

Antiparos

Antiparos besitzt eine Länge von 11 km, maximale Breite von 5 km und eine Fläche von 38 km². Es ist von Paros durch einen Kanal von 50 m Tiefe (richtig ist: 5 m Tiefe. A.d.Ü.) und weniger als 1,5 km Breite an seiner schmalsten Stelle getrennt. Die Insel in Form eines Halbmondes, weist in der Nord-Süd Längsachse eine Reihe von runden Hügeln auf, die durch kleine Täler getrennt sind; außerdem ein beachtliches Massiv aus Gneis, Chloritschiefer und groben, inneinander geschichteten Marmorlagen, deren Gipfel, der Aghios Ilias, eine Höhe von 308 m erreicht. Dieser ganze Komplex ist eine Verlängerung des Paros-Unterbaus, den man die "Gneise von Paroikia" nennt. Der westliche Abhang dieses Massivs besteht hauptsächlich aus braunen, eisenhaltigen Kalkgesteinen, die Einschlüsse von Blenden (Zinkerze) und Bleiglanz (Bleischwefel) enthalten, welche einstmals auch abgebaut wurden.

Der Norden der Insel und die in seiner Verlängerung liegenden Inselchen, sind Reste eines Vulkans. Das Ergußgestein ist übrigens weit verbreitet: die ganze Halbinsel im Süden von Antiparos besteht aus Rhyoliten und Lavamassen von porphyrischer Struktur, die reich an Silizium sind. Rhyolit, Phyllit und graublauer Marmor treffen auch im Südosten der Insel zusammen, wo sich in einem Hügel eine Höhle bis in 70 m Tiefe (90 m. A.d.Ü.) öffnet, bekannt unter dem Namen Spilia Stalaktikon. Diese Marmorschichten gehören zur Verlängerung der Gesteinsschicht von Dryos auf Paros. Die kleineren Inseln Despotiko und Strongylo im Süd-Westen von Antiparos haben eine ähnliche geologische Struktur (PHILIPPSON 1959; PAPANIKOLAOU 1977, 1980).

Home